Einsatzbericht des NOMA-Teams Austria

Niamey 2010




nomahilfe.at
Die jungen Patienten erwarten seit Tagen sehnsüchtig unsere Ankunft.
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Aufwachstation und postoperative Überwachung.
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Der Niger, ein langer Fluß mit viel Geschichte und Geheimnissen, gesehen von einer Hotelterasse aus, von wo wir einmal nach getaner Arbeit den Sonnenuntergang erleben durften.
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Ein Mädchen mit einem so genannten Distraktor, der zur Dehnung der narben eingesetzt wurde, um eine Mundöffnung zu ermöglichen. Eine durch die NOMA-Erkrankung verursachte ausgedehnte Narbenbildung und Kiefersperre kann im Falle von Erbrechen zur lebensbedrohlichen Ersticken führen. Das Ziel dieser Distraktion besteht in der Öffnung der Kiefersperre einerseits zur Verhinderung solcher lebensbedrohlichen Ereignisse und auch um die Nahrungsaufnahme und auch die Sprache zu verbessern.
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Gemeinsame Vorbereitungen zur Operation im so genannten Warteraum.


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Beim Anblick solcher Müllhalden in umittelbarer Nähe, d.h. direkt vor der Haustüre zu unserem Einsatzort, der Clinique „La Magia“, wird verständlich, dass besonders hygienische Probleme vorrangig zu vielen nicht notwendigen Erkrankungen führen. Kühe, die sind als solche wegen massiver „Magersucht“ also solche kaum mehr erkennbar und Ziegen ernähren sich von Pappkartons, die sie aus diesen Müllhalden aufstöbern.
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Eine überglückliche Mutter mit ihrm Sohn, an dem vor wenigen Tagen eine weit offenen Lippenspalte chirurgisch verschlossen wurde.
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Teameinsatz im OP, manchmal wegen Stromausfall auch Ausfall der Klimaanlage und der Luftventilation sehr stickig heissen Temperaturen an der Grenze des gerade noch körperlich Erträglichen.
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Der traurige Blick dieses Mädchens sagt alles über ihre Sehnsüchte auf ein besseres Leben in einer Gemeinschaft und hoffnungsvollen Partnerschaft. Ohne medizinische Hilfe wird sie zeit ihres erst beginnenden Lebens wie eine Aussätzige behandelt und aus der Gesellschaft ausgeschlossen.
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Auch sie hofft auf ein neues Leben mit einem neuen Gesicht und harrt brav und bewundernswert unerschrocken der Zukunft, die wir mit unserem Wirken und Bemühen ihr vielleicht schenken können....

Am 15.02.2010 ist es wieder so weit. Das Team um Prof. Holle rüstet sich mit zusätzlichen fünf großen Schachten à 20 kg medizinischen Materials für einen neuerlichen Einsatz in Niamey im Niger, in der Clinique La Magia, wie bereits bei mehreren früheren Einsätzen. Der Flug geht für einige Teilnehmer ab Klagenfurt oder Innsbruck nach Wien, von dort am nächsten Tag nach Paris und dann weiter im Direktflug nach Niamey, der Hauptstadt des Niger. Dort werden wir bereits von Frau Ute Winkler-Stumpf , Herrn Mahmoudu sowie auch Dr. Illo am Flughafen freundlichst empfangen. Sofort anschließend geht es in das Kinderzentrum um hier wartende PatientInnen zu begrüßen und um auch gleich eine Operationsplanung für den darauf folgenden Tag vornehmen zu können. Bereits bei dieser Erstvisite zeigen sich einige von uns bereits voroperierte Patienten sowie auch einige neue Fälle. So werden uns ca. 50 Patienten vorgestellt, von denen wir aber nur ca. 30 auf den OP-Plan der kommenden Woche nehmen können. Sehr beeindruckend für das seit mehreren Jahren bereits gemeinsam fahrende Team sowie auch für die diesjährig neu hinzugekommene Anästhesie Dipl.Sr. Manuela Glöckl war die erhöhte Anzahl der Fälle mit sehr ausgedehnten Nomadefekten. Hier fiel uns die Auswahl etwas schwerer, da wie nicht genug Ressourcen und Zeit zur Verfügung haben, um diese Kinder mit ausgedehnten Defekten jeweils mit autologer Gewebetransplantation behandeln zu können. So wurden für diese großen, umfangreichen Eingriffe (jeweils ganztägige Operationen) drei Patienten ausgesucht und noch eine Vorsotierung der übrigen Fälle vorgenommen. Anschließend ging es dann in das neu gestaltete Gästehaus, in dem wir von Koch Williams, welcher für das leibliche Wohl der kommenden Woche sorgen sollte, herzlichen empfangen wurden.

Gleich am ersten Tag, an dem eine große Gewebeverpflanzung geplant war, ergaben sich bereits bei der Intubation eines Kindes derartige Schwierigkeiten (narbig bedingte Kiefersperre), sodass diese Operation gar nicht starten und dieser Eingriff abgebrochen werden musste. In den darauf folgenden Tagen ergaben sich auch einige Probleme der Narkosetauglichkeit bei Kindern, welche entweder an Infektionen erkrankt waren oder aufgrund der Kiefersperre nur mit äußerstem Risiko intubiert hätten werden können. Es war dem Team immer daran gelegen, möglichst allen Patienten mit einer korrigierenden Operation zu helfen, dennoch war es bei einigen Patienten leider nicht möglich, unter den gegebenen Umständen und erhöhtem Narkoserisiko dann eine entsprechende Operation durchzuführen. Gerade diese Patienten wurden besonders dokumentiert, um sie bei einem Folgeeinsatz bevorzugt zu behandeln. Insgesamt konnten nun 21PatientInnen erfolgreich operiert werden, es ergab sich lediglich eine kleine Komplikation in Form einer Wundheilungsstörung, ansonsten sind alle Operationen erfreulicherweise komplikationsfrei verlaufen, auch im postoperativen Verlauf ergaben sich keine weiteren Komplikationen. Dies ist angesichts der doch eingeschränkten hygienischen Maßnahmemöglichkeiten, der hohen Temperatur zwischen 35 – 45° im Außen- und Unterbringungsbereich der Patienten sowie bei einigen Patienten noch vorliegenden Mangelernährung doch erfreulich.

Bereits am 3. Einsatztag wurde vom Nigrischen Militär gegen den herrschenden Präsidenten Tanja und das Regierungskabinett ein Putsch unter Anwendung von schweren Waffen durchgeführt, die Schüsse und Granatendetonationen waren bis an unseren Einsatzort, welcher sich nur wenige hundert Meter vom Präsidentenpalast befindet, gehört. Der Putsch gelang, der ungeliebte Präsident und sein Kabinett wurden verhaftet, das Militär übernahm die Regierung. Aufgrund dessen und aufgrund wahrscheinlich verzerrter Außenansicht der Nigrischen Situation wurden alle Air France-Flüge von und nach dem Niger storniert, sodass wir um unseren Rückflug bangen mussten. Die politische Lage hat sich jedoch bald wieder stabilisiert, die Ausgangssperren und Straßensperren wurden aufgehoben und so konnten wir nach erfolgreichem Einsatz die Rückreise planmäßig angetreten, wobei uns in Paris die nächste Überraschung erwartete. Aufgrund eines Fluglotsenstreiks am CDG Airport mit Stornierung zahlreicher Flüge mussten wir über neun Stunden auf dem Pariser Flughafen verbringen. Erfreulicherweise ist kein Teilnehmer während des Einsatzes erkrankt.

Trotz dieser Risiken wie Erkrankung und Reiseverzögerungen ist es jedes Mal ein besonders berührender Eindruck, am Ende der Woche alle PatientInnen versammelt im Hof des Behandlungszentrums noch einmal zu sehen, um sich von ihnen zu verabschieden. In dem Wissen, dass man trotz aller widrigen Umstände und Bemühungen vielen Menschen hier sehr geholfen hat, ungleich mehr als man dies mit dem Wissen und Können in den heimatlichen Krankenanstalten umsetzen könnte, nimmt man sich vor, diese Hilfe weiter zu diesen Menschen, die zu den Ärmsten dieser Welt gehören, bringen zu wollen. In diesem Sinne hoffen wir, dass wir die Leser dieser Zeilen überzeugen konnten, dass diese Art von Hilfe direkt dort ankommt, wo sie am dringendsten gebraucht wird, nämlich bei den Ärmsten dieser Welt, den von Noma gezeichneten.

Prof. Dr. Anton Schwabegger
Facharzt für Plastische und Wiederherstellende Chirurgie
Uni Klinik Innsbruck

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