Guinea Bissau, die Zweite



5 Monate nach dem ersten Einsatz in Guinea Bissau, der„Einweihung“ des neuen Krankenhauses, waren wir noch motivierter als beim ersten mal (wenn das überhaupt möglich war) und noch mehr auf Afrika typische Stolpersteine gefasst. Die Vorhut aus Ulli Nothegger, Yvonne Liebeg und Herbert Sponring sollte 2 Tage vor Ankunft des Restes des Teams (Jürgen Holle, Herwig Kloimstein, Andreas Dobrovic, Elisabeth Durnik) perfekte Arbeitsbedingungen schaffen. Ehrlich gesagt war die Hoffnung groß, doch allein der Glaube daran fehlte – eingedenk der Erfahrungen aus unserem ersten Einsatz. Die Begrüßung, das Wiedersehen war herzlich und es war der Eindruck, man hat sich gegenseitig vermisst.
Es war auch geplant, dass 2 chirurgische Kollegen aus der Schweiz, logischerweise 2 Deutsche, die in der Schweiz arbeiteten, durch Vermittlung von Nomahilfe Schweiz, das zukünftige Potential in Bissau erhöhen sollten. Doch zuerst zu unseren Hoffnungen.

Geneigte Leser, es ist zwar immer ein besonderes Vergnügen, wenn Vorurteile bestätigt werden, sich Vorahnungen zu einer harten und in Afrika meistens traurigen Realität verdichten, doch diesmal muss ich alle Berufspessimisten enttäuschen. Diesmal war alles, einschränkend natürlich für afrikanische Verhältnisse, perfekt. Das Narkosegerät funktionierte (für afrikanische Verhältnisse wohlgemerkt), das Wasser sprudelte (für afrikanische Verhältnisse), der Steri sterilisierte, die Waschmaschine wusch (für afrikanische Verhältnisse), die OP-Lampe funktionierte und das einheimische Personal organisierte und arbeitete motiviert und ergebnisorientiert (Nota bene, für afrikanische Verhältnisse). Der Übermut, nein dies wäre ein zu negativ besetzter Begriff, die Motivation war so groß, dass wir sogar einen zweiten Eingriffsraum eröffneten. Die erst zu schaffende Infrastruktur für diesen Eingriffsraum funktionierte nach einigen kleinen Anfangsschwierigkeiten und kleineren ortsüblichen „Unmöglichkeiten“ schließlich perfekt – für afrikanische........ wohlgemerkt. Vom medizinischen Standpunkt war der Einsatz ebenfalls eine deutliche Steigerung – freier Radialislappen (Transplantation eines Gewebestückes vom Unterarm mit dazugehöriger Blutgefäßversorgung in einen Hautdefekt im Gesicht) in einer 7-stündigen OP- und Narkosedauer und viele andere größere und kleiner Eingriffe verliefen reibungslos.
Lediglich die Versorgung mit Nahrungsmitteln war und hier muss ich hervorheben hauptsächlich aus meiner sehr subjektiven Sicht, doch sehr mangelhaft. Es fehlte mir an einer ganz wichtigen, für mich beinahe essentiellen Beilage. Frei nach einem Buchtitel: Fleisch ist mein Gemüse, fehlte mir über viele Tage dieses tierische Protein aus Quergestreifter Muskulatur. Nicht einmal kulinarische Köstlichkeiten, wie Kärntner Kasnudeln, Palatschinken und umwerfend (von Yvonne) zubereitete frische Riesengarnelen, auf irgendeiner staubigen Straße von netten einheimischen Damen feilgeboten und von diesen auch erstanden und noch viele weitere Leckerbissen, alle vom Team in einer Küche zubereitet, die den Vergleich mit einer Bulthaup-Küche absolut scheuen musste, konnten den mittlerweile massiven körperlichen Imperativ nach Fleisch nicht betäuben. Doch am vorletzten Tag, war es aber so weit. Am vorletzten Tag konnten wir uns, einige Leidensgenossen und ich, dem Vergnügen einer Fleischmahlzeit hingeben.
Und was gibt es über die Deutschen aus der Schweiz oder die Schweizer aus Deutschland – ist eine Sache der Perspektive - zu vermelden? Florian Jung und Abed Jandali. Die hatten einerseits mit dem afrikanischen Fluch Montezumas, einem Virusinfekt und einem verpassten Anschlussflug in Lissabon zu kämpfen. Wenn das alles nicht gewesen wäre, ja dann ... Trotz dieser Widrigkeiten, kämpften sie wacker mit, waren perfekt integriert und stellen pro futuro eine absolute Erweiterung und Bereicherung der Personaldecke für unser Hilfsprojekt dar.
Apropos Hilfsprojekt: Auch die Gründerin der Hilfsaktion Noma Deutschland Frau Ute Winkler-Stumpf weilte einige Tage in Bissau, organisierte, besprach und intensivierte Kontakte mit lokalen Behörden. Sie ebnete den Weg für weitere und sicherlich noch gelungenere Einsätze in einem kleinen Land, auf dem großen schwarzen Kontinent für viele kleine Menschen.

All das wäre aber ohne der materiellen und finanziellen Unterstützung von vielen kleinen und großen Spenderinnen und Spendern, die nicht alle namentlich erwähnt werden können, nicht machbar und denkbar. Abschließend daher ein herzlicher Dank an alle Unterstützer und Förderer und ein motivierendes Bild für alle zukünftigen.

Dr. Herwig Kloimstein

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