Guinea Bissau November 2017



Irgendwann im Frühling letzten Jahres hat mich mein Kollege Herwig gefragt ob es mich so generell interessieren würde mal mit ihm nach Afrika zu fahren um dort Kinder zu narkotisieren.
Wieso eigentlich nicht ? Klingt doch spannend…
Für mich vergeht ein ereignisreiches Jahr (geheiratet und im Mai Vater einer bezaubernden Tochter geworden). Bis ich die erste Mail mit meiner to do list von Ulli erhielt, habe ich vor lauter Windeln, Bäuerchen und durchwachten Nächten keinen weiteren Gedanken mehr an Afrika verschwendet.
Im Sommer das Passfoto fürs Visum gemacht, dann trudelt bald auch schon das E-Ticket ins Mail Postfach. Die notwendigen Impfungen werden erledigt und zack auf einmal steh ich am Flughafen Wien Schwechat beim Abfluggate und lerne das restliche Team kennen.


Meine ersten Eindrücke:
Die Ulli (endlich mal ein Gesicht hinter den unzähligen Mails) ohne die da unten wahrscheinlich nur die Hälfte funktionieren würde und die immer ein Ohr für Alle und Alles hat, also kurz gesagt: Mastermind, OP Schwester, Organisatorin, uvm.
Auch meine „Gegner“ lerne ich kennen (im normalen Arbeitsalltag bezeichnen wir Anästhesisten so unsere liebevollen Chirurgen :) ).
Die Michi (die wird dort viel lernen),
den Jürgen (okay der hat also die OP erfunden. Der hat sicher jedes intraoperative Problem schon gesehen und immer eine Lösung parat).
Der Harry (der fürchtet keine OP und reisst dort unten sicher alles nieder).
Am Flughafen steht schon mal fest, der Grünschnabel bin ich. Auf der langen Anreise lernt man sich besser kennen und erfährt viel über das Bevorstehende, aber Erzählungen sind nun mal Erzählungen.
In Guineau Bissau angekommen erschlagen einen die Eindrücke: Zuerst mal die Hitze (33°C), dann der Geruch (Scweiss und irgendetwas mit Fisch) und man lernt spätestens bei der Einreise den African way of life kennen. Pass und Visa abgegeben und schon muss ich ins Einreisebüro, weil mein Visa „verschwunden“ ist. Am Schreibtisch der zwei grimmig drein schauenden Beamten lag es dann doch ganz oben.
Viel zu viele Leute um das kleine Gepäckband, Berührungsängste darf man da keine haben. Harry an vorderster Front stemmt jeden Koffer vom Band über die Köpfe hinweg wo ich sie dann übernehme. Wir harren dort bis zum bitteren Ende aus, das Gepäckband steht, ein Koffer fehlt. Armer Harry, aber er nimmt es gelassen.
Endlich geht es mit unseren Fahrern ab in die Klinik, was ich beim Herausschauen aus dem Autofenster denke: Das ist also die 3. Welt.





In der Klinik bleibt dann nicht viel Zeit zum gemütlichen Ankommen, Ulli, Herwig (AfrikaCodename: Mr. Big) und ich machen gleich mal eine Bestandsaufnahme im Bloco Operatio. Haben wir von Allem genug? Und noch wichtiger: Wo finden wir es? Die Narkosemaschine funktioniert, ein gewisses Monitoring nicht. Wer mich kennt weiß, herumbasteln und improvisieren macht mir Spaß. Die Stunden vergehen wie im Flug. Zwischenzeitlich sind die Chirurgen ins Children House vorgefahren, um mit der Begutachtung der Kinder zu beginnen. Schnell noch einen guten Duft namens No Bite aufgetragen (kribbelt etwas auf den Lippen) und wir fahren hinterher. Mittlerweile ist es Abend geworden, überdacht aber im Freien an einem großen Holztisch sitzend, wühlen wir uns durch die Laborbefunde, wer portugiesisch kann ist klar im Vorteil, ich kann es nicht.
Dank dem Pfleger …. er übersetzt uns ins Englische. Viele der Kinder haben oder hatten Malaria und oder eine Wurminfektion sind aber zum Zeitpunkt der Begutachtung gut behandelt. Mit anästhesiologischem Auge sieht man schon von Weitem: Einen leichten Atemwegszugang wird es da keinen einzigen geben, das wird spannend. Zurück in der Klinik angekommen gibt es ein kühles Bier und ein Grillhähnchen vom Libanesen AliBaba.
Der Muezzin weckt mich als er in der Morgendämmerung noch vor Sonnenaufgang zum Morgengebet ruft. Viel zu früh, ich dreh mich um, ein bisschen Schlaf geht noch. Gemeinsames Frühstück auf einer Art Terrasse, unten auf der roten Staubstraße bereits reges Treiben, überladene Kleintransporter mit Ziegen am Dach sind keine Seltenheit.
Wir besprechen den OP Plan des Tages, langsam macht sich bei mir so etwas wie Aufregung bemerkbar. Wird eh alles gut klappen...





Ja, das tut es :) und es macht Spaß. Wir operieren bis am frühen Abend, gehen schnell duschen und fahren zu einem gemeinsamen Abendessen mit der Noma Gründerin Ute Winkler-Stumpf und ihrem Sohn Mathis. Spät und noch müder als am Vortag geht es schließlich ins Bett.
An den folgenden Tagen wird viel operiert, alles gelingt zufriedenstellend. Lediglich ein Mädchen müssen wir von anästhesiologischer Seite absetzen, was aber durchaus vertretbar ist, da es sich dabei nur um einen kleinen kosmetischen Eingriff handelt. Als ehrgeizigen Mann wurmt es mich trotzdem ein bisserl.
Zwischen den einzelnen OP´s geh ich immer wieder mal rüber auf die Station um mich nach den bereits operierten Kindern zu erkundigen. Verständigung teilweise mit Händen und Füßen aber es klappt. Ich blicke in ihre Gesichter, schau ihnen in die Augen (was haben diese armen Kinder bis jetzt wohl alles durchmachen müssen?). Die Kleinste unter ihnen, die 4 jährige Belgisa, schenkt mir dann auch irgendwann ein Lächeln und wir klatschen regelmäßig ab.





Eine junge Frau die wir operiert haben hat ihre ca. 6 Monate alte Tochter dabei, ihr Spielzeug eine kleine Plastikwasserflasche. Ich denke an meine gleichaltrige Tochter und wie viele tolle Spielsachen sie bereits geschenkt bekommen hat.
Ein paar von uns bleiben von Magendarmverstimmungen verschont, andere streckt es für einen Tag nieder, das Programm kann aber trotzdem durchgezogen werden. Die Tage fliegen dahin.
Nach einer anstrengenden Woche blickt man müde aber zufrieden auf das Geleistete zurück.
Man kann dort zwar nicht die Welt retten, aber man kann doch das Einzelschicksal einiger Kinder und Jugendlicher wesentlich verbessern.

Bericht: Dr. Max Haberzeth


Team

Gründer:
Prof. Dr. Jürgen Holle - Chirurg
Head of Mission:
Dr. Harald Kubiena
Chirurgin:
Dr.  Michaela Hladik
Anaesthesie:
Dr. Herwig Kloimstein
Dr. Max Haberzeth
Head nurse
Ulli Nothegger



Ende Jänner 2018 kam ein weiteres Team aus einem erfolgreichen Einsatz unter der Leitung von Dr. Harald Kubiena  mit der Chirurgin  Michaela Hladik aus dem  Niger zurück.

Wie immer möchten wir uns auf diesem Weg für die vielen Anteilnahmen an unserem Projekt sowie den großzügigen Spenden bedanken. Ohne Ihr Mitwirken wäre es  uns nicht möglich, diesen Kindern helfen zu können. Herzlichen Dank im Namen des gesamten Teams
Ulli Nothegger.

Weitere Operationseinsätze für 2018 sind in Planung.

 

 

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